Vertrieb von Kreativleistungen
Als ich mich vor vielen Jahrzehnten – aus dem Vertrieb kommend – auf die ersten Agenturjobs bewarb, war die Arroganz der Agenturleute kaum zu übertreffen: „Was will der denn hier, in unseren heiligen Hallen?“ schien die überwiegende Meinung gewesen zu sein. Jene, die bis zum heutigen Tage ihr eigenes Geschäftsmodell nicht verstanden haben, mokierten sich über meine Herkunft und fühlten sich meiner schnöden Vertriebspraxis so unendlich überlegen.
Was mir damals schon auffiel war, dass jene einige der Grundsätze des Vertriebes nicht beherrschten. Beispielweisen den, dass der Kunde zu dem Angebot passen muss. So, wie auch das Angebot zu dem Kunden passen sollte. Gelebt wurde hier etwas anderes: der Kunde forderte eine Leistung und die Agentur mühte sich diese zu erfüllen. Immer seltener wurden in Laufe der Zeit die Fälle, in denen ich beobachten konnte, dass Agenturen aktiven Einfluss auf die Marketingaktivitäten ihrer Kunden nahmen. Es schien immer mehr darum zu gehen, eine möglichst hohe Auslastung zu haben, um die dringend benötigte Rendite einzufahren. Wohin das führte, ist bekannt.
Was Agenturen – und selbstständigen Kreativen – auch heute noch schwerfällt, ist die aktive Ansprache geeigneter Auftraggeber. Wären sie ihre eigenen Kunden, würde ihnen dazu vermutlich mehr einfallen. Sie selbst scheuen sich oft schon vor der Beantwortung jener Frage, welches denn überhaupt die richtigen Auftraggeber für sie sind. Und warum! „Wir können für jeden…“ höre ich immer noch. Aber das macht auch die aktive Ansprache nicht gerade einfacher. Es sei denn, man versteht darunter immer noch den großzügigen Versand von Imagebroschüren, gelegentlich flankiert durch den – oft frustrierenden – Folgeanruf.
Wohl dem, der ausreichend Anfragen erhält und unter denen die geeigneten auswählen kann. Aber wer ist das schon? Und ob das dann wirklich die richtigen sind, bleibt dahingestellt. Schließlich soll sich ein Anbieter auch durch seine Aufgaben weiter entwickeln. Gerade in der heutigen Zeit ist es auch für die Gewinnung und Bindung guter Mitarbeiter wichtig, die richtigen Kunden mit interessanten Aufgaben zu haben.
Eine strategische Akquisition wäre die Lösung. Also der gezielte Beziehungsaufbau zu potenziellen Kunden, die für die Weiterentwicklung der Agentur hilfreich sind. Hier liegt die Lösung vieler Probleme. Wirkliche Vertriebsprofis wissen, dass Geschäfte zwischen Menschen gemacht werden. Und je mehr das Vertrauen in einem Business eine Rolle spielt, desto mehr muss diese menschliche Ebene stimmen. Im Bereich der Kreativleistungen ist Vertrauen ein ganz entscheidender Faktor. Schließlich werden hier Leistungen verkauft, die zum Zeitpunkt der Beauftragung oft noch nicht einmal vollständig zu beschreiben sind. Also anders als beim Kauf eines teuren Investitionsgutes, welches u.U. schon per Konfigurator im Internet entwickelt werden kann.
Ein strategisch angelegter Vertrieb kann das. Er definiert eine Leistung/ein Produkt, bestimmt daraufhin die ideale Bedarfsgruppe und baut dann eine entsprechende Beziehung zu ihr auf. Klingt nicht so aufregend, funktioniert aber in vielen Bereichen seit ewiger Zeit. Das Einzige was sich ein wenig verändert hat, sind die genutzten Kanäle, Methoden und Medien. In der Summe ist der Prozess sogar einfacher und kostengünstiger geworden. Denn was ehedem noch auf rein persönlichem Wege mittels Golfrunden wider Willen und unendlich vielen nervigen Telefonanrufen stattfand, lässt sich heute viel strategischer und wesentlich eleganter durch den gekonnten Einsatz von Social Selling-Elementen erledigen.
Im bin mir sicher, dass der professionelle Vertrieb zu einem immer entscheidenderen Erfolgsfaktor in der Kreativbranche werden wird. Seine wirkliche Bedarfsgruppe zu kennen und in ihr sowohl physisch wie kommunikativ präsent zu sein, dass ist es, was Anbieter in Zukunft unterscheiden wird.
Ich wünsche dir, dass du mit deinem Angebot an den richtigen Stellen wahrgenommen wirst.